Donnerstag, 1. März 2012

Lauter Zitronenbäume

“Wenn dir das Leben eine Zitrone gibt, mach Limonade draus!"
Isabel Gülck

Irgendwie werden die Schüler immer dreister, ich immer ratloser und die Bildungspolitik immer kreativer. Ich könnte theoretisch jeden Tag ‚kopieren’ und ‚einfügen’ benutzen, so wie Yunus bei seinem Referat. Passiert ja eh jeden Tag dasselbe. Keine Leistungen, freche Ausreden, Störungen, Auseinandersetzungen und Strafen, die nichts bringen. Nein, nennen wir es pädagogischer, Sanktionen. Sanktionen und Verabredungen, die nicht eingehalten werden. So wie:
-        „Ich räume doch nicht noch zusätzlich auf!“
-        „Ich komm doch nicht zum Nachsitzen.“
-        „Ich mach doch nix extra.“
Ja und dann? Dann gar nichts. Auf Eltern ist kein Verlass, auf alles andere genauso wenig.


Dafür haben unsere Chefs immer bessere Ideen. Nach den Osterferien bekommen wir Besuch von der Schulinspektion. Ich nenne die mal ‚das A-Team’ - die Weltverbesserer. Das sind ca. fünf Damen und Herren, die sich zwei Tage lang unsere Schule angucken. Zum größten Teil sind es ehemalige Lehrer, aber ein Elternvertreter ist auch dabei. Das A-Team schaut sich also unser Schulleben an. Sie kommen für 20 Minuten in den Unterricht rein, wahrscheinlich bei uns allen jeweils einmal. 20 Minuten sind natürlich schon fast zu viel, um zu erfahren, was in den einzelnen Klassen bzw. in der Schule los ist! Des Weiteren werden Lehrer, Schüler, Schulleitung, Hausmeister, Sekräterin und die Eltern interviewt. Während der beiden Tage macht sich das A-Team also ein Bild von der Schule. Nach der Veranstaltung verfasst das A-Team einen mehrseitigen Bericht und stellt diesen für alle zugänglich ins Netz. Der Zweck des Ganzen? Schule transparent machen, Probleme aufdecken und bei diesen ggf. helfen. Sollte dem A-Team etwas nicht passen, kommen die ein Jahr später wieder und erwarten, dass die aufgedeckten Probleme gelöst werden. Wieder so ein Versuch, Schule zu verbessern, ohne Geld reinzustecken.

Justin (der jetzt wieder in der Klasse ist) und Dejan haben schon verkündet: 
- „Walla, wir sind dann extralaut, wenn die kommen.“ 
Daran zweifele ich keine Sekunde.
Das A-Team soll mir doch bitte insofern helfen, dass  es mir sagt, was ich konkret mit Abdul, Justin, Dejan, ... machen soll, wenn sie den Unterricht sprengen, zum Nachsitzen nicht erscheinen und mit den Eltern keine Zusammenarbeit möglich ist! Hier brauche ich bitte Hilfe!!
Und aktuell zum Thema, weil ganz Berlin über die Wiederverbeamtung der Lehrer debattiert, um zu verhindern, dass gerade die jungen Lehrer in die anderen Bundesländer abwandern.
Wir wissen jetzt schon, in welchen Bereichen das A-Team Defizite aufdecken wird. Bei der Differenzierung. Bei den Sekundarschulen war geplant, dass man zusätzlich zu inneren (also unterschiedliche Aufgaben für unterschiedliche Niveaustufen im normalen Unterricht) auch äußere Differenzierung durchführt. Das bedeutet, dass in Hauptfächern in Kursen unterrichtet wird. Die Schüler einer Klasse werden also in G- und E-Kurse geteilt- je nach Leistung. Diese werden unterschiedlich benotet. Super Idee, aber wie macht man so etwas, wenn man keine Lehrer zur Verfügung hat?? Und Räume für die unterschiedlichen Kurse auch nicht. Da dieses Pflicht ist, gibt es eigentlich nur zwei Möglichkeiten. Wer mehr kennt, soll mal schreien. Entweder man steckt alle G-Kurs und E-Kurs jeweils in eine Klasse, so dass wir wieder bei dem Prinzip schlechte Klassen, gute Klassen wären. Oder aber ein Lehrer unterrichtet beide Kurse auf einmal. Sprich, die Klasse bleibt in der Zusammensetzung, in derselben großen Gruppe und der Lehrer denkt sich qusi für eine Stunde zwei Unterrichtsmodelle und zwei verschiedene Arbeitsblätter aus. Für die schlechteren und für die besseren. Wie differenziert man also ohne Lehrer??

Ja ja, Berlin und das ewige Lehrerproblem. Wir haben zu wenige, wie so viele andere Schulen auch. Nicht nur, dass Berlin die Lehrer nicht verbeamtet. Bis vor einem Jahr gab es auch überwiegend befristete Verträge. Wenn man einen Einjahresvertrag nach dem Referendariat in der Tasche hatte, konnte man sich glücklich schätzen. Es gab nämlich auch welche, die mussten nach drei Monaten wieder zittern. Ich glaube, mittlerweile bekommen alle unbefristete Arbeitsverträge. Sofern sie eine Stelle haben. Auch wusste man nicht, ob die Sommerferien bezahlt werden. Wenn das Referendariat also vor den Sommerferien endete, bekam man in vielen Fällen erst einen Vertrag nach den Sommerferien. Tja sechs Wochen ohne Geld. Zum Glück gibt es das gute alte Hartz IV. (ALG I kommt nicht in Frage, da man während des Referendariats verbeamtet ist und keine Sozialabgaben zahlt.) Neben den Eltern unserer Schüler im Jobcenter warten, ist genau das, was man mit zwei Staatsexamina vom Leben erwartet. Lehrerwerden soll auch nicht mehr so beliebt sein, habe ich gehört. Komisch...

Eigentlich müssten wir jungen Lehrer aus Protest gemeinsam in ein anderes Bundesland auswandern. (Keine Verbeamtung, noch schlechtere Bedingungen und noch mehr Aufgaben durch die Entstehung das Zusammenlegen von Haupt- und Realschule und eigentlich auch der Förderschule, usw.) Sollen die sich doch ihre Lehrer selbst backen! Ja, Anreize schafft man anders...
So geht man weiterhin jeden Tag zur Schule und versucht aus Zitronen Limonade zu machen.
Und weil es so schön ist, hier ein Zitat von der Homepage der Senatsverwaltung: "Mehr Chancengerechtigkeit und Qualität: Das sind die Leitgedanken der Berliner Bildungspolitik."


Ah ja, liebe Bundestagsabgeordnete, debattieren Sie doch mal über die wirklich wichtigen Dinge wie Bildung und nicht darüber, was Herrn Wulff zusteht und was nicht!

2 Kommentare:

  1. Missis Jones for poitics.....tja ich bemerke gerade, dass Schule für bekloppte und die Politik nich weiter auseinander liegen.....auch hier helfen oft Sanktionen und Verabredungen nicht, wenn die politiche Partei bekloppt ist....da sind doch tatsächlich viele Paralelen. Ob das etwas mit dem Herkunftsland zu tun hat?

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    1. Werde ich drüber nachdenken, wenn ich meine Chaoten in die Freiheit entlassen habe.. Aber eigentlich schon eher Schule. Denn hier spielt das Leben, ne?

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