„ Meckern ist immer leichter, als von anderen
angemeckert zu werden.”
Wolfgang Bötsch
|
Was
für ein schöner Vormittag! Die Sonne scheint, jeder schleckt an seinem Eis und
wir laufen fröhlich in Richtung Moschee. Fünf sind nicht gekommen. Morgen
werden sie mir sicherlich erzählen, dass sich wiedermal von irgendeiner
Kriegsverletzung auskurieren mussten. Wer so einen Tag verpasst, ist selbst
schuld. Dejan durfte nicht mitkommen, weil er drei Strafarbeiten nicht
abgeliefert hat. Stattdessen sollte er heute dem Hausmeister bei diversen
Arbeiten helfen. Ich hoffe für ihn, dass
er erschienen ist.
Lachend,
quatschend, zufrieden. Gut, bis ich die faulen Socken dazu gebracht habe, 3 km
zu laufen und nicht den Bus zu nehmen, hat es gedauert. Abdul versuchte mir
lange zu erklären, dass sein Fuß so sehr weh tut, dass er unbedingt den Bus
nehmen muss. Das Humpeln war aber dann doch nicht authentisch genug und hat
mich nicht überzeugt. Tuncer und Joycelyn sind kurz in die U-Bahn verschwunden,
dann aber wieder aufgetaucht. Nichts hat geholfen, Mrs. Johnson blieb
standhaft. Schließlich heißt Wandertag nicht umsonst Wandertag.
Ab heute mache ich das immer. Nur noch laufen.
Irgendwann
kommen wir an der Moschee an. Viel zu früh. Also unterhalten wir uns noch ein
bißchen miteinander. Unterhalten ist so selten und so wertvoll. Ich habe es
tatsächlich geschafft, dass auch jeder sein Handy wegsteckt und die Kopfhörer
aus den Ohren rausnimmt. - „Ey bitte, nur noch ein Lied. Dann mache ich echt
aus!“ Also sitzen wir noch ein bisschen in der Sonne und unterhalten uns eben
weiterhin alle miteinander. Über das Essen, die Gebete und die Traditionen in
den Familien. Herrlich. Kleine Lebensgeschichten, besser als jede Soap-opera.
Ich liebe diese Gespräche. Da kommen diese menschlichen Schüler ans Licht- so
normal und verletzlich. Die coolen Macker aus der Schule existieren plötzlich
nicht mehr. Keine Beleidigungen. Friede, Freude, Eierkuchen. (Welchen Sinn soll
eigentlich dieser Spruch ergeben?) Ist schon unfassbar, welche Seiten man an
seinen Sprösslingen entdeckt, wenn man sie außerhalb der Schule erlebt.
In
der Moschee bekommen wir eine Führung. Eine richtig gute. Mit zahlreichen Infos
und vielen Bezügen zum Alltag. Fast zwei Stunden am Stück. Die Kiddies hören
zu, stellen Fragen und hören zu. Einander und dem Guide. (Man kann es gar nicht
oft genug sagen.) Sie melden sich, wenn sie etwas sagen möchten. Und wenn mal
jemand nicht dran kommt, gibt es kein: - „Nie nehmen Sie mich dran, nur die
anderen!“ Einige wissen nicht allzu viel, andere wiederum, wissen fast auf alles
eine Antwort. Danach bedanken sie sich höflich und fragen mich, ob der
Wandertag jetzt vorbei ist und sie gehen dürfen. Sie sind so, wie ich sie mir
im Unterricht wünsche. Anderseits, hätte ich nicht des Öfteren üble - wirklich üble
- Stunden erlebt, würde ich den heutigen Tag bestimmt nicht in diesem Licht
sehen. Es beruhigt aber, dass sie so sein können. Und dass sich das alles lohnt.
Kein
Grund zum Meckern.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen